Prager Frühling (1): Schauerleute

Prague-golem-reproduction_(c)_user_ThanderMit dem Hohen Rabbi Löw ist auch das Geheimnis seiner grusligsten Schöpfung, des Lakaien aus Lehm, des ersten Robots der Geschichte, kurz: des Golem versunken.

Doch während meiner Visite inider verzückendsten, verschnörkeltsten, verwinkeltsten Stadt der Welt, und zwar in einer Bierschwemme namens „Švejk“ – auf der Kleinseite, unweitider Karlsbrücke, wo die Moldau fast so laut braust wie der Verkehr –: Da hab ich, auf dem Weg zum Klo, die Tür gefunden, durch die das künstliche Wesen treten wird, einst, wenn ein anderer Beschwörer des dunklen Munkelns und der strahlenden Zahlen das Mysterium wiederentdeckt, dem Diener der Materie falsches Leben einzuhauchen.

Hörn Sie, bittschön, selbst:


Von dem teutonischen Herrenschwulen, der sich plötzlich einen Tisch nebenan plazierte (einen mindestens 40 Jahre jüngeren, zwar abgerißnen, aber hübschen Burschen im Schlepptau, der so wenig Deutsch konnte wie sein Zahlmeister Englisch) –, von jenem blaublonden Barschficker, den das HI-Virus leider übergangen hat, nachdem es so viele bessere Männer wegraffte –, von diesem fanatischen Kacksack, der den freundlichen Kellner behandelte, als sei die „Tschechei“ immer noch unser (das Schwein grunzte wirklich: „Tschechei“) –: Von diesem Heydrich-Wiedergänger stelle ich mir gern vor, wie er dorchs knorschend‘ Tor trottelt, sein Geschäft zu verrichten, und dort dem Golem begegnet, dieweil der geschäftig wird.

Aber Leute aus Lehm, die leben, gibt es leider nur in der Sage. Männer aus Scheiße hingegen gibt es sehr viele. Und von denen kommen, darauf ist sagenhaft Verlaß, die meisten aus Deutschland.

Photo: By user Thander [Public domain],
via Wikimedia Commons

7 Kommentare

  1. 1

    Werden die meisten Scheißemänner denn wirklich in Deutschland hergestellt? Ich dachte immer, die wären ein international eingetragenes Warenzeichen. Wer sich allerdings in einen deutschlandgrenznahen Touristenbums begibt, der sollte sich nicht groß wundern, dort in Häufung auf eben teutonische Arschlöcher zu treffen. Und Ortskundigen sollte zudem bekannt sein, daß man in den diversen Bumsen der Goldenen Stadt besonders häufig auch auf eine besondere Arschloch-Unterart trifft: den Gemeinen Herrenschwulen Kacksack höheren Alters, der sich mit Vorliebe hübsch abgerißne tschechische Knaben mietet, um ihnen den mehr oder minder sprachlosen Barschficker zu machen – eine lustige Wortschöpfung übrigens, wenn auch eine Beleidigung für den eleganten kleinen Raubfisch, der derlei sicher niemals mit sich machen ließe. Überhaupt lässt die erstaunliche Häufung fäkal geprägter Injurien in Ihrem Blogeintrag vermuten, dass Sie bei dessen Anfertigung über die Gebühr zornig gewesen sein müssen. Wer wie meine Wenigkeit Ihre Schreibarbeit hier und auf „Konkret“-Papier nicht schon lange kennt und sehr schätzt, könnte sogar fast meinen, daß Sie Schwule nicht so besonders leiden mögen. Das hoffe ich nun aber nicht; ich meine auch, Sie so verstanden zu haben, daß es nur die blaublonde bzw. braunblöde Herrenattitüde war, die Ihnen auf den Senkel ging. Oder?
    Der Heydrich-Vergleich hat mich anfänglich ebenfalls ein wenig irritiert; dann allerdings fiel mir ein, dass der blondbestialische Reichsprotektor seinerzeit nicht ganz Unähnliches tat – er bot den abgerißnen tschechischen Industriearbeitern für ihre fleißige Mitarbeit an der deutschen Rüstungsproduktion diverse Vergünstigungen und eine deutliche Verbesserung des Lebensstandards; kurz: Er machte ihnen den Freier (oder Zuhälter?). Und zwar einen recht erfolgreichen, weshalb er auf Betreiben alliierter Geheimdienste dann auch schon bald in hohem Bogen aus erfolgreicher Führungsposition und offenem Mercedes gesprengt wurde und kurz darauf elendiglich verreckte. Was dem Herrn (obergruppen)führenden Judenmörder völlig zu Recht geschah, wie wir uns sicher einig sind. Aber hatten sie wirklich diesen Zusammenhang im Sinn, als Sie sich schließlich genüßlich vorstellten, wie jener barschfickende alte Kacksack auf der Herrentoilette des „Švejk“ durch Rabbi Löws lehmigen Roboter der Vernichtung, gewissermaßen also seiner ganz persönlichen Aktion Reinhard, zugeführt würde? Erinnern Sie sich: Auch Schwule, selbst wenn sie Angehörige der „Herrenrasse“ waren, sind in Gas und Öfen gelandet. Und auch die Arschlöcher unter ihnen, die es sicher gegeben hat, hatten das wohl kaum verdient.
    Nun ja, Vergleiche hinken ja eigentlich immer ein wenig; vor allem wohl solche, die im Zorn in die Tastatur gehackt werden. Und sie können sogar ins Straucheln geraten, wenn denn ein ungeheuer mörderisches Arschloch aus Deutschlands ekligstbrauner Vergangenheit in Bezug gesetzt wird zu dem zwar zugegeben leicht angebräunten, aber wohl doch eher geheuren deutschen Arschloch-Zeitgenossen aus dem Touristenbums nebenan, der nicht sonderlich nett zum Kellner ist (der wird’s wohl überlebt haben) und der auch nicht weiß, was er für eine Scheiße redet, wenn er ein Wort wie „Tschechei“ in den Mund nimmt.
    Und da ich nun sehe, daß ich selbst ins Fäkale abgleite – wie gesagt, ich kann Ihren Zorn nachvollziehen –, schließe ich endlich diese viel zu lang geratene Erwiderung und verbleibe mit den allerbesten Grüßen und in Erwartung weiterer wunderbar barscher Blog-Berichte Ihrerseits!


    Lieber Kai Pichmann, ich danke sehr für Ihren außerordentlich klugen Kommentar. Ich habe dazu nur dies zu bemerken: Ja, ich habe in meinem Zorn übertrieben; und, nein, ich habe hier nicht meiner Homophobie Luft machen wollen, sondern, wie Sie vermuten, meiner Verachtung für den deutschen Bumsherren im Ausland. – Was Sie außerdem an meinem Posting bemängeln, ist zweifellos mangelhaft. Aber wenn solche gescheiten Kommentare wie Ihrer daraus hervorgehen, muß ich mich vielleicht nicht zu sehr schämen für meinen Furor und meine Fehler. Grazie, abermals! – Ich wäre sehr froh, blieben Sie mir als Leser trotz meiner Unsachlichkeit in der Sache gewogen. KS

  2. 2

    Erlaubten es die Regeln Ihres Blogs, hier ein Emotikon hinzukleben, bekämen sie jetzt eins der freundlich grinsenden Art von mir verpaßt. Statt dessen muß ich nun schon wieder etliche Worte machen. Also: Ein Autor, den angesichts der herrschenden Zustände und des so oft so erbärmlichen Benimms der von ihnen Beherrschten nicht häufigst der blanke Zorn ergreift, der sollte besser keiner bleiben oder sich sein täglich Brot bei FAZ, Apothekenrundschau oder Pressedienst der Bundesregierung erschreiben. Schämen Sie sich also bitte keinesfalls für Ihren Furor! Und bitte vor allem auch nicht dafür, ihn gelegentlich ohne allzu gescheites Entschärfen in die angemessen bösen Worte zu fassen. Unsachlichkeit nützt ja gelegentlich sogar mehr als sie schadet – wenn sie denn der Sache dient; manch dumm-grobem Klotz ist eben nur mit gröbsten Keil beizukommen. Wer keine Kalaschnikow im Schrank hat, dafür aber noch halbwegs alle Tassen und dazu eine Tastatur auf dem Schreibtisch, der muß sehen, eben seine Worte zu Geschossen zu schärfen – und wenn die treffen und an der richtigen Stelle Schmerzen bereiten, dann ist das immer eine gute Sache. Treffen Sie hier weiterhin so gut (und recht gern auch noch ein wenig öfter), und ich bin sicher, nicht nur ich bleibe ihnen gewogen!
    Mit freundlich-salonmarxistischen Grüßen aus der Hauptstadt der BRD, herzlichst Ihr Kai P.

    Ich danke sehr für diesen eminent wohltuenden Kommentar und grüße aus der größten Provinzstadt der BRD zurück. (Woher wissen Sie eigentlich, daß ich keine Kalaschnikow habe?) KS

  3. 3

    Na, weil heutzutage in einem vernünftig aufgeräumten Schrank nicht gleichzeitig Platz für alle Tassen UND eine Kalaschnikow ist. Letzteres Gerät vorrätig zu haben ist ja erst dann sinnvoll, wenn sich eine Situation abzeichnet, in der – frei nach Väterchen Lenin – die oben nicht mehr können und die unten nicht mehr wollen. Und von solcher Situation sind wir hierzulande mindestens so weit entfernt wie Mütterchen Merkels grausige Obertrikotagen von Haute Couture. KP

    Aber Sie wissen doch selbst, wie schnell die Mode sich ändert; deswegen heißt sie ja auch so. KS

  4. 4

    Von Ihrem Mund in Weltgeists Gehörgang, lieber Kay Sokolowsky! Nur fürchte ich, daß auch der nächste deutsche Modewechsel allenfalls auf eine neue Kollektion Kaiserkleider hinausläuft, von denen wieder mal kaum einer merken wird, daß sie gar nicht da sind. Aber genug gejammert – der historische Optimismus der schreibtätigen Linksintelligenz, er lebe hoch! Außerdem natürlich Glückwunsch zum Verbleib Ihres Heimatvereins in höchster Liga. Und freuen Sie sich denn trotz ungeheuerer Nichtigkeit der Angelegenheit im Allgemeinen sowie Geeier, Talentferne und gruseligem Hartwig-Gesang im Besonderen nicht doch wenigstens ein ganz kleines bißchen drüber? Also ich täte es! KP

    Aber selbstverständlich freue ich mich ein bißchen! Und könnte mich dafür ohrfeigen. – Bitte entschuldigen Sie die sehr späte Veröffentlichung Ihres Kommentars. Mein WordPress-Sicherheitstool hat ihn leider für Spam gehalten; was mir eben erst aufgefallen ist. KS

  5. 5

    Sparen Sie Ihre Ohrfeigen doch bitte für diejenigen auf, die sie verdient haben! Und sich unbeschwert von schlechtem Gewissen gelegentlich über Belangloses zu freuen macht das Leben – nicht nur während der Freibadsaison – doch um einiges lebenswerter, finde ich. Jedenfalls hab ich mich neulich auch gefreut, als mein Geburtsstadtverein FC Hansa Rostock der Dritten Liga erhalten blieb, auch wenn ich nichts damit zu tun und er’s nicht recht verdient hatte. Und jetzt eben freu ich mich gerade, dass nicht Sie mein Geschreibsel für Spam gehalten haben, sondern dass nur ein geistloser Filter dieser Meinung war. Zudem war es eine ganz neue Erfahrung für mich, das WordPress auch zensieren kann. Da wo ich aufgewachsen bin, haben das letztverantwortlich noch die Genossen von der Kulturabteilung des ZK erledigt. Tempi passati, leider. Oder zum Glück? Ganz sicher bin ich da ja noch immer nicht … KP

    Übrigens hat der Spam-Filter Sie schon wieder vor mir verstecken wollen. Aber diesmal hab ich’s etwas früher gemerkt. Dieser Filter läßt übrigens echte Spam-Mails ohne Zögern IMMER durch. Warum erinnert mich das gerade an die AfD und ihre Nazis? – Danke für Ihren freundlichen Kommentar und Gratulation Ihnen und dem Heimatverein! KS

  6. 6

    AfD? Was war das doch gleich noch? Aftermobil-Ferband für Deutschland? Ach, jetzt eben fällt’s mir wieder ein – war das nicht dieser obskure Verein gesund volksempfindender Kleingärtner, die wieder die rechte Ordnung und arische Sortenreinheit ins ach so desolate deutsche Mistbeet bringen wollten? Spaß beiseite – ich finde ja, daß der aktuelle Niedergang dieser kriminellen Vereinigung ein tröstlicher Beleg dafür ist, daß Dummheit und Vorurteil gelegentlich genauso schwer dauer- und massenhaft zu organisieren sind wie halbwegs kluge Menschlichkeit. KP

    Da sind wir eins im phantastischen Optimismus. – Aber Sie wissen bestimmt wie ich, daß bei der AfD nur die Organisation ein Problem hat, nicht die parteiweite Gesinnung. Trotzdem tut’s gut, den Neonazis dabei zuzusehen, wie sie sich gegenseitig niedermachen. So lange sie ihren Haß aufeinander richten, hat unsereins eigentlich keinen Grund zu klagen. Oder? KS

  7. 7

    Aber sicher doch ist es wohltuend, der hartleibigen sächsischen Pastorenweibse* und dem abgebrochenen Nationalsozialökonomen dabei zuzusehen, wie sie sich im braunen Sumpf um die Führerrolle balgen; was allerdings die „Gesinnung“ der flachstirnigen Gefolgschaft dieser beiden Spottgeburten angeht haben Sie wohl leider recht. Und wenn die AfD erst auf dem Müllhaufen der Vereinsgeschichte gelandet ist, bleiben als Resonanzboden für Existenzängste und Ressentiments des hiesigen Klein- und Kleinstbürgertums ja immer noch CDU, SPD, Grüne und inzwischen auch die sich zunehmend freiheitlich grundordnende Linke. Und außerdem gibt’s da ja noch allerlei Bierkeller und den großen Facebook-Stammtisch, wo man sich auch ohne parteiliche Führung hemmungslos der kollektiven Verblödung hingeben kann. Bis möglicherweise der nächste Öffentliche-Meinungs-Führer auftaucht, den man mit emporgestrecktem Daumen oder erhobenem Grußarm willkommen heißt, die Reihen wie gewohnt fest geschlossen.
    Tja, und da isser schon wieda wech, der historische Optimismus, und es bleibt in der Tat bloß der phantastische. Vielleicht auch deswegen werd ich ab dato wenigstens versuchen, Ihren hübschen kleinen Blog nicht mehr so oft mit meinen langatmigen Kommentaren zu beschweren. Außerdem hab ich inzwischen manchmal schon fast ein bißchen Angst, daß Sie mir irgendwann raten werden, meinen eigenen Blog zu eröffnen, wenn ich so viel zu schreiben hab; und abgesehen davon hab ich den Eindruck, daß wir ohnehin fast immer einer Meinung sind. Unsereins redet (oder schreibt) ja sowieso zuviel und handelt zuwenig. Oder nicht? Wie dem auch sei – ich flieg nachher nach Athen und schau mir an, ob eventuell dort noch Hoffnung ist auf was Neues. KP
    *Aber das muss ich noch loswerden: Zu dieser Gattung gibt’s eine wunderhübsche kleine Geschichte in Meyrinks „Des deutschen Spießers Wunderhorn“. Zitat: „Wird auf den Wesenskern der Pastorenweibse ein Reiz ausgeübt – welcher immer – so häkelt sie, und bleibt er ungereizt, so vermehrt sie sich bloß.“ Die Petry tut ja beides; sie häkelt braune Sinnsprüche für heimische Herde, und vermehren tut sie sich noch dazu, und das mit mutterkreuzwürdiger Frequenz. Die armen Kinder.


    Sie dürfen hier kommentieren, so viel Sie lustig sind. Lieber bin ich mit Ihnen einer Meinung als mir von irgendwelchem reaktionären Scheiß die Laune verderben zu lassen. Darum danke für Ihre klugen Anmerkungen und heute speziell für das Meyrink-Zitat. – Haben Sie eine gute Reise! Und falls Sie nach Heimkehr Interessantes zu berichten haben … Hier ist unglaublich viel Platz. KS

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