Für Hermann „Latinum“ Gremliza
Wenn einer keinen Schimmer, aber viele Sprechblasen im Schädelkasten hat, und wenn er trotzdem vorgaukeln möchte, eine Art Bildung zu besitzen und sogar mal ein Buch durchgeblättert zu haben – dann muß er einen Satz wie den folgenden in Gips meißeln, eine Sentenz, in der das Nichtgelernte, das Nichtkapierte und das Nichtzuvereinbarende wie im Teilchenbeschleuniger kollidieren. Es handelt sich hier um exakt jene explodierende Halbbildung, die Theodor W. Adorno bereits vor 50 Jahren das Grauen gelehrt hat:
Trotzdem erstaunlich, wie wenig man heutzutage unterm Scheitel haben muß, um bei der größten der Parteien Diskussionsaufrufe verfassen zu dürfen. Denn von wem sonst als von denen hier –
– sollte ein Satz stammen, der übersetzt etwa so lautet: „Laßt uns reden über … ‚Beruf und Kinder: Wohin gehst du?‘ – Es ist ja schon schwierig, einen Beruf zu fragen, wohin er geht. Aber noch schwieriger wird es, zu zweidreivier Kindern, die einem gegenüber stehen, zu sagen: „Wohin gehst du?“ – Wer freilich Hartz IV gut findet, der kann es mit der Grammatik auch mal etwas gelassener nehmen. Da erwartet niemand mehr mentale Spitzenleistungen.
—Wie gaga, geistfern, gnomenköpfig die Partei August Bebels, Karl Kautskys und Willy Brandts unter Gerhard Schröder, Franz Müntefering und Andrea Nahles geworden ist, dokumentiert Albrecht Müller auf seinen – bei dieser Gelegenheit dringend empfohlenen – „Nachdenkseiten“ zwar viel gründlicher und engagierter, als unsereins Faulpelz es je vermöchte. Aber vor lauter politischer Auseinandersetzung vergessen Müller und seine Mitstreiter leider oft, zu oft, sich über die Streberdämlichkeit, die Beamtenwitzischkeit der verbliebenen Jenossen lustigzumachen. Obwohl sich aus dem bräsig der modischen Sprache hinterhereiernden Sprachmodus dieser Wichteltuer so gut wie alles andere erklärt.
—Die komplette Pressemitteilung kann übrigens wer sich vor gar nix fürchtet hier nachlesen. Es locken Satzschmankerl wie dies: „Zu Beginn der Veranstaltung wird es einen Impulsvortrag … geben.“ Und nun wundere man sich bitte nicht, wenn die Parteibasis – nach einem Impulsvortrag Sigmar Gabriels – Anfang Dezember mit großer Mehrheit der großen Koalition und also der Selbstauflösung der Sozialdemokratie in Deutschland zustimmt. Aber vorher gibt‘s ein Flugblatt mit der Headline: „SPD: Quo vadis?“
—Hoffentlich dahin, wo die Sonne nie scheint.
Dienstag, 26. November 2013 9:55
Ich zitier‘ in jüngster Zeit immer mal wieder gern Willy Brandt, obwohl ich gar nicht weiß, ob es verbürgt ist, daß der Ausspruch von ihm stammt: Es hat keinen Sinn, eine Mehrheit für die Sozialdemokraten zu erringen, wenn der Preis dafür ist, kein Sozialdemokrat mehr zu sein.
Donnerstag, 28. November 2013 12:54
Willy als Beispiel für die „gute“ SPD? Ich zitiere ihn in Bezug auf Arbeitsmigranten auch einmal:
„Es ist aber notwendig geworden, daß wir sehr sorgsam überlegen, wo die Aufnahmefähigkeit unserer Gesellschaft erschöpft ist und wo soziale Vernunft und Verantwortung Halt gebieten.“ (Regierungserklärung vom Januar 1973)