Große Zeit, gründliches Mißverständnis

Im Januarheft der Zeitschrift Konkret erklärt Kay Sokolowsky, weshalb die Geschichtsklitterung in Christopher Clarks Buch Die Schlafwandler bei den Deutschen so beliebt ist und warum man sich besser an Karl Kraus hält, will man etwas über Ursachen, Nutznießer und Realität des Ersten Weltkriegs erfahren.

Außerdem findet sich in dieser Konkret-Ausgabe ein Leserbrief von Wolfgang Pohrt, in dem Sokolowskys Kolumne „Glasbürgerkunde“, erschienen in Konkret 12/2013, vehement kritisiert wird. Pohrts Leserbrief hat Konkret-Herausgeber Hermann L. Gremliza ausführlich beantwortet. Um einem Mißverständnis, das nah liegt, vorzubeugen, sei an dieser Stelle festgehalten: Dies geschah ohne Rücksprache mit Kay Sokolowsky, vielmehr zu seiner Überraschung, wenn nicht zu seinem Befremden.

Sokolowsky ist es gewohnt, sich gegen Angriffe auf seine Texte selbst zu wehren. Er versteht sich nicht als Schreiber, der die Meinung von Konkret verbreitet, sondern als Autor, der sich darüber freut, wenn Konkret seine Meinung für interessant genug hält, sie zu drucken. Gremliza hatte eigene Gründe, Pohrts Leserbrief zu beantworten, man kann sie Hermann L. Gremlizas Antwort entnehmen.

Übrigens ist Sokolowsky – damit auch in dieser Sache kein Mißverständnis entstehe – mit Gremlizas Antwort auf Pohrt weitgehend d‘accord. Kay Sokolowsky will allerdings einen Punkt aus Pohrts Polemik, den der Herausgeber aus eingestandener Unkenntnis übergeht, selbst kommentieren.

Wolfgang Pohrt schreibt: „Leider hat der Autor den Film ‚The Conversation‘ gründlich mißverstanden. Dem Abhörexperten, der am Ende nicht mehr durchblickt, geht es wie dem Apparat. Dem wird die Vielzahl der von ihm gesammelten Informationen zum Verhängnis, weil mit der Menge der Informationen die Menge von deren möglichen Fehlinterpretationen wächst, man kennt das Phänomen aus der Medizin.“ Sokolowsky weiß nicht so recht, wohin Pohrt mit seiner Kritik will, denn eben die Verblendung und Verwirrung des „Abhörexeperten“ Harry Caul ist beschrieben in der Kolumne „Glasbürgerkunde“. Aber vielleicht muß ein alter und gewohnheitsmäßiger Stänkerer wie Pohrt sich um das, was er attackiert, gar nicht kümmern, weil er sowieso nichts zitieren kann, ohne es zu plätten.

Pohrt irrt jedenfalls, wenn er behauptet, Harry Caul würde die „Vielzahl der von ihm gesammelten Informationen zum Verhängnis, weil mit der Menge der Informationen die Menge von deren möglichen Fehlinterpretationen wächst“. Caul wird zum Verhängnis, daß er bei einer Abhöraktion sein Gewissen entdeckt und die paar Daten, die er hat, falsch sortiert. Er verfügt keineswegs über zu viele Informationen, sondern über viel zu wenige – „The Conversation“ zeigt sehr ausführlich, welchen Aufwand Harry Caul betreiben muß, um aus den geheimen Gesprächen seiner Lauschobjekte so etwas wie einen Dialog, eine „conversation“ zusammenzubauen. (Und man frage irgendeinen Zuschauer des Films: Die Bastel- und Schummeleien Harry Cauls, den „Dialog“ verständlich zu machen, wird jeder für die aufregendste Passage des Films halten.) Cauls Puzzlespiel mißlingt, weil entscheidende Teile fehlen, und darin gründet seine Katastrophe. Von wegen Übermaß der Daten!

Durchaus möglich, daß Kay Sokolowsky „The Conversation“ gründlich mißverstanden hat. Immerhin hat er den Film gesehen.

 


Dienstag, 14. Januar 2014 23:43
Abteilung: Sokolowsky anderswo

Ein Kommentar

  1. 1

    Sokolowsky, der Geschichte auf jeden Fall besser gemacht hätte, startet seine „Konkret“-Kolumne mit einer fulminanten Überschrift, die, ich gestehe es, auch mir viel Freude bereitete. Sodann folgt der einzige, etwas Bescheidenheit des Autors vermutende Satz. Anschließend stürmen wir zusammen mit Sokolowsky sansculottenbemützt und mit aufgepflanztem Moral-Bajonett die Schützengräben der Geschichtsrevisionisten. Einige geschleuderte Ortsnamen, Erinnerungen an deutsche Kriegstaten und eine Kriegserklärung später liegen Clark, dieser Science Fiction-Autor, und Cora Stephan, die ihr Ferienhaus in Südfrankreich doch so gern dem kommenden Teutonenreich einverleiben wollte, neben dem anderen deutschnationalen Gesocks in ihrer eigenen Druckerschwärze und winseln. Was schreibt der preußennotgeile Christopher da facettenreich über viele hundert Seiten, wo doch ein bißchen Blättern in der „Fackel“ ausgereicht hätte? Pohrt mag irren, Sokolowsky niemals!

    Das mit dem Niemals-irren sieht Sokolowsky etwas anders. Er ist ja nicht blöd. KS

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