Die Zukunft war gestern im Radio

Freitag, 18. Dezember 2015 23:00

Nachtrag zur Notiz vom 17. Dezember


Weil Kay Sokolowsky es nicht leiden kann, Werbung in eigener Sache zu veranstalten, spricht er über sich, wenn so etwas sein muß, am liebsten in der dritten Person. Die Call-in-show „Redezeit“ von NDR Info, bei der er am Donnerstagabend zu Gast war, gestattet solche Mätzchen nicht. Deshalb ließ Sokolowsky die günstige Gelegenheit verstreichen, z. B. für sein Weblog oder seine Gastauftritte in der „Nacht der lebenden Texte“ das Trommelfell zu rühren. Sintemalen er sich kurz vor Schluß aufs peinlichste verhedderte im Unkraut seiner, hm, Gedanken bzw. im Dschungel der Wörter, würde er am liebsten über seinen Ausflug ins Studio an der Rothenbaumchaussee schweigen.

Weil jedoch die Sendung trotz Sokolowsky gelungen ist und das Studio-Team und der Moderator Michael Weidemann vorbildlich angenehme Gastgeber waren, überwindet Sokolowsky seine bizarre Eitelkeit und wehrt sich nicht dagegen, daß hier und nun auf den Mediathek-Podcast der Sendung hingewiesen wird. (Der Provinzstadtneurotiker K. S. wäre Ihnen freilich dankbar, würden Sie das oben erwähnte Verheddern und Gestammel ned amol ignorieren.)

Für alle, die zwar nix gegen „Star Wars“ und Sokolowsky, aber einfach keine Zeit haben für 55 Minuten Podcast, kommt gleich nach dem nächsten Absatz der dramatische Höhepunkt der Sendung. Es spricht eine Frau, die eine dezidierte Meinung zum „Krieg der Sterne“, doch nicht den Hauch einer Nuance eines Schimmers von Ahnung hat. Aber mit welcher Leidenschaft die Dame ihre Ignoranz ausbreitet …!

Jedenfalls werden Sie nach diesem Audioclip etwas besser begreifen, warum Zweidrittel der Deutschen die Kanzlerin toll finden, obwohl dasselbe Zweidrittel die Regierungspolitik ablehnt. Oder warum alle Welt Massentierhaltung verabscheut, aber auf eine gute Industriewurst nicht verzichten mag … Et cetera:

 

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Mit Macht in der „Nacht“

Mittwoch, 16. Dezember 2015 23:00

Kay Sokolowsky hegt seit 1977 eine Art Haßliebe für den „Krieg der Sterne“. Im Filmblog „Die Nacht der lebenden Texte“ ist jetzt ein ganz schön langes Stück Sokolowskys über sein problematisches Verhältnis zu „Star Wars“ und dem besten Stück der Serie, „Das Imperium schlägt zurück“, erschienen. Darin wird der Autor nicht nur autobiographisch, sondern manchmal intim bis an die Grenzen der Schicklichkeit. Zum Beispiel, wenn es um die eigenartige Beziehung zwischen Prinzessin Leia und dem Schmuggler Han Solo geht. Dieses seltsame Paar ist übrigens auch im neuen „Star Wars“-Film „Das Erwachen der Macht“ eine Attraktion.

Was von Regisseur J. J. Abrams‘ Beitrag zur bekanntesten Trivialmythologie unserer Zeit zu halten ist, hat Kay Sokolowsky in einem weiteren, erheblich kürzeren Text für die „Nacht“ notiert. Auf das Ausplaudern der zwei dicken Überraschungen des Films verzichtet Sokolowsky selbstverständlich ebenso wie auf das der zahlreichen dünnen. Was heutzutage „spoilern“ heißt, war ihm schon ein Greuel, als es noch gar keinen Namen hatte (außer, vielleicht, „petzen“). Überdies blamiert sich meist, wer gelungene dramatische Momente in seinen eignen Worten nacherzählt; und Blamagen mag Sokolowsky mit 52 genauso wenig wie mit 14.

Falls Sie weitere Anmerkungen des „Star Wars“-Liebhassers Sokolowsky zu „Krieg der Sterne“ im Allgemeinen und „The Force Awakens“ im Besonderen nicht lesen, sondern hören wollen, sei Ihnen die Call-in-show „Redezeit“ auf NDR Info empfohlen. Darin wird Sokolowsky am Donnerstag um 21.05 Uhr neben Rolf Giesen und Karsten Kruschel als Fachkraft für Mythologie, Magie und Marketing von „Star Wars“ sitzen und hoffentlich nicht nur Senf abgeben.

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Aufgelesen (3): Mutter Beimers Milch

Sonntag, 6. Dezember 2015 23:15

Lindenblüten_(c)_ArtMechanic

Dies sind keine Stilblüten

Heute abend wurde die Seifenoper „Lindenstraße“ 30iJahre alt. Zwei hervorragende Gründe, es beiidiesem Jubiläum bewenden und die Sache endlich sein zuilassen, sind auf Taz.de nachzulesen.

Denn ein Alt- und ein Jungschmock fühlten sich berufen niederzuschreiben, warum die Serie ihnen wichtigkbzw. nicht ganz egal ist. Sie haben der deutschen Sprache dabei mindestens so viel Schaden zugefügt wie das Ensemble der „Lindenstraße“ der Schauspielkunst.

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Schlechte Verlierer (eine Revue)

Montag, 30. November 2015 15:42

Olympische_Gummis_(c)_Kay_SokolowskyAch, wie gern wäre ich dabeiigewesen, in der Kreditkartenarena, als den 200 geladenen und „gut verpflegten“ (Mopo.de) Olympia-Promotoren, -Propagandisten und -Glücksrittern die Visagen entgleisten, gegen 19iUhr am Sonntagabend, wie die Larven mit jeder Minute länger oder, je nach Ausgangslage, breiiger wurden! Wie nurzugern hätte ich jedem einzelnen mitleidig die Hand getätschelt und gesagt: „Nehmen Sie‘s sportlich … Dabei sein ist alles!“

Nun muß ich mich begnügen mit den kolportierten Statements der Loser, jedoch nicht verzichten auf die Schadenfreude, die das Gepampe und Geplärre bei einem alten Spielverderber wie mir zuverlässig auslöst. Es ist schon eine Gaudi, wenn solche Lemuren verlieren und dies nicht mal mit einem Firnis von Fairness können:

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Abteilung: Gute Nachrichten, Kaputtalismus, Stadtstreicherei | Kommentare (3)

Darum braucht Hamburg Olympia

Samstag, 28. November 2015 19:22

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Anm z Staatsakt f HptM dR EiKr 2 H. Schmidt

Montag, 23. November 2015 23:28

Heute mittag – elf Kilometer weiter südöstlich, im Hamburger Michel, wird des deutschen Michels populärsten Oberlehrers gedacht – sitze ich in unserer Balkonloge und beobachte, was vor der großen Kita gegenüber passiert. Da stehen drei kleine Mädchen im zerfledderten Gebüsch am Drahtzaun und plappern aufgeregt durcheinander; ich kann ihre Gesichter nicht sehen, nur winzige Winterstiefel und blaßgefrorene Hände. Dann erhebt sich eine der hellen Stimmen: „Meine Mutter ist tot!“ Das klingt nicht trotzig oder zornig, sondern wie die fundamentale Wahrheit der Welt. Die anderen Kinder schweigen sofort. Die Verwaiste ruft ein weiteres Mal: „Meine Mutter ist tot!“ Und noch ein drittes Mal mit einer reifen Sachlichkeit, die keinen Widerspruch zuläßt: „Meine Mutter ist tot!“ Dann verschwinden die Mädchen still im Gebäude.

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Abteilung: Die spitze Feder, Zeuge der Geschichte | Kommentare (3)

Zum 75sten eines vorbildlichen Mannes

Freitag, 20. November 2015 22:32

Lieber Hermann L. Gremliza,

alles Gute, Glück und, muß auch sein, Gesundheit wünsche ich Dir zu Deinem schön runden Geburtstag!

Wer immer mich fragt, was der Stilist, Satiriker, Analytiker, Herausgeber Gremliza mir bedeutet, dem oder der kann ich nur antworten: „Man rühmt nicht die Luft, die man atmet.“ Dazu allerdings eine Fußnote:

Auf der Liste mit den nicht sehr vielen Dingen, auf die ich mir was einbilde, steht recht weit oben dies: „Du“ zu Dir, lieber Hermann, sagen zu dürfen. – Vor ziemlich genau 30 Jahren hatte ich zum ersten Mal ein neues Konkret in der Hand. Deine Kolumne war mir etwas unheimlich, weil ich nicht alles darin verstand. Den „express“ aber, den begriff ich sofort, und wenn ich meine Lieblingspointen noch mal und wieder las, sogar richtig. Seinerzeit stellte ich es mir gern vor, mit diesem laserskalpellscharfen Autor irgendwann einmal auf „du“ zu sein. Dieser Wunsch wurde mir erfüllt – möge es auch mit Deinen so gehen.

Vivat und feier schön!

Dieser Geburtstagsgruß ist Teil eines großen Gebindes, in dem Autoren von Konkret dem vorbildlichen Mann die Ehre erweisen. Und weil ich bisher noch nie einen Grund sah, den Kollegen Dietmar Dath zu loben, will ich ihm für seine Glückwunschadresse an HLG nun ein besonders großes Kompliment entbieten: Ein bezauberndes Stück hat Dath da gedichtet! (Und ich muß evtl. ein Vorurteil überdenken.)

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Die Beste aller Welten (13): A Day in the Life

Freitag, 20. November 2015 1:18

Es gibt Tage, da reicht mir das gallige Wort von den „Charaktermasken“ nicht mehr aus, um die Verwalter der verwalteten Welt zu beleidigen. Dann möchte ich unflätig werden und die ganze Bande bis hinauf zum lieben Gott anbrüllen wie Gunnery Sergeant Hartman seine Rekruten in „Full Metal Jacket“.

Gestern war einer dieser Tage. Zuerst lese ich dies, in der Online-Ausgabe der FAZ über ein verrentetes Mitglied des VW-Vorstands:

Für Personalvorstand Horst Neumann sind Altersbezüge im Wert von 23,7 Millionen Euro vorgesehen. Der Gewerkschaftler (!) will einen Teil davon stiften. (…)
Die Stiftung soll Doktoranden, Forschungsprojekte und wissenschaftliche Publikationen zum Thema Arbeit in Geschichte, Gegenwart und Zukunft fördern und damit einen konkreten Beitrag zur Verbesserung von Arbeit sowie des Arbeitsmarktes leisten. (…)
Neumann wird die Stiftung aus eigenen Mitteln mit einem Kapitalstock von 2 Millionen Euro und mit jährlichen Zustiftungen ausstatten – geplant sind insgesamt rund 10 Millionen Euro Stiftungskapital bis 2022. Neumanns Altersversorgung hat dem Geschäftsbericht zufolge einen Barwert von 23,7 Millionen Euro.

Man kann nur hoffen, daß der Horst mit dem Rest über die Runden kommt! Versteuern muß er jedenfalls kaum was, und der Arbeitsmarkt für Arbeitsmarktforscher wird sich zweifellos verbessern.

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Abteilung: Die beste aller Welten, Kaputtalismus | Kommentare (6)