Sonntag, 17. April 2022 0:06
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Eigentlich müßte heute hier ein alberner Sketch mit zwei bemalten Hühnereiern erscheinen. Weil mir aber vor lauter Welt- und Wortverdruß kein Stück einfallen will, das es wert wäre, veröffentlicht zu werden, gönne ich meinen Osternasen ein Sabbatjahr und verweise die Freunde der „Happy Eggheads“ auf den insgesamt rundesten Auftritt des Duos.
—Trotzdem soll der Ostersonntag 2022 nicht spurlos an bzw. in meinem Weblog vorübergehen. Vor genau zehn Jahren hatte ich für die „Wahrheit“-Seite der „Taz“ eine Parodie verfaßt und anschließend völlig vergessen, die ich jüngst beim Wiederlesen zu meiner eigenen Überraschung immer noch witzig und wohlgeraten fand. Vielleicht teilen Sie meine Einschätzung (zumal ich die Geschichte sanft aufpoliert habe).
K. S.
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Sceedlebees Nacht
Scrabbleton war tot, damit wollen wir anfangen. Ein Zweifel darüber kann nicht statthaben, schließlich habe ich es geschrieben. Scrabbleton also war tot wie ein Gummifuß. Ich will nicht etwa sagen, daß ein Gummifuß etwas besonders Totes für mich hätte. Ich selbst möchte fast zu der Meinung geneigt sein, ein Weckglasring sei das toteste Stück Kautschukwerk auf der Welt. Aber die Weisheit unserer Ahnen liegt in dem Gleichnisse, und meine unheiligen Hände sollen sie dort nicht stören, sonst wäre es ums Vaterland geschehen.
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Abteilung: Director's Cut, Erzählungen |
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Dienstag, 15. März 2022 22:04
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Egal was, bloß nichts mit Corona – das wünschte sich der „Abfall“-Leser Juri Nello, als ich ihm für einen besonders liebenswürdigen Kommentar einen Wunsch gewährte, und zwar nach einem gut abgehangenen KONKRET-Artikel aus meiner Keucherkammer. Nello wurde leider nicht konkret, doch ich meine, etwas gefunden zu haben, das sein Begehr befriedigt („mindestens eine Dekade“ alt, „nicht an Aktualität eingebüßt“). Das Stück ist sogar mehr als zwei Dekaden alt, und es fällt trotzdem nicht aus unserer „Großen Zeit“ (Karl Kraus).
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Abteilung: Der schreckliche Iwan, Director's Cut, Litterarische Lustbarkeiten |
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Mittwoch, 2. März 2022 20:34
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Dann aber, nach einigen Invasionstagen, wurde der Moloch aufmüpfig und ließ seine Moderatoren erstmals nach dem „Sinn“ der Angriffe fragen. Es ging jedoch nicht um tote Serben, sondern um die Abwesenheit einer fernsehgerechten „Erzählung“ dieses Krieges. Das „Briefing“-Ritual schön und gut, jetzt allerdings wurde es Zeit fürs Melodram: Wo, bitteschön, blieben die toten Helden, wo die trauernden Kriegerwitwen, wo, zum Henker, die Leichenberge, von denen der Verteidigungsminister so enthusiastisch erzählte? Im Golfkrieg mochten die Restlichtaufnahmen vom Bagdader Nachthimmel noch genügt haben, die Kundschaft bei der Stange zu halten; doch nun war es Zeit für einen neuen Hut.
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Abteilung: Der schreckliche Iwan, Man schreit deutsh, Qualitätsjournalismus, The real pulse of Europe |
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Dienstag, 1. März 2022 18:55
Wie ein Dutzend Rosenkränze auf Verstörungen des Gemüts, dank Mechanik und Geleier, durchaus besänftigend wirkt, hat die solide Verwechselbarkeit der TV-News mit denen von gestern, vorgestern und auch vom letzten Jahr die „Tagesschau“ längst in eine Art sedatives Ritual verwandelt: Nicht Informationen locken den Zuschauer vor die Röhre, sondern die schöne Gewißheit, daß die Welt sich in der Nachrichtensendung zuallerletzt verändern wird. F.W. Bernstein hat den schonenden Ton, in dem sogar das Armageddon in der „Tagesschau“ vermeldet werden wird, bereits 1987 grandios antizipiert: „(Köpcke) und alle seine halben Erscheinungsformen sollen mit uns sein bis ans Ende der Welt, und er wird’s uns schon sagen, wenn’s soweit ist: GONG! Und er schreit mit großer Stimme, wie ein Löwe brüllet, und da er schreit, reden sieben Donner ihre Stimmen: ‚Bonn. Außenminister Genscher bezeichnete den Weltuntergang als ein Ereignis von besonderer Tragweite …‘“ Sehr viel anders klang’s am 24. März 99 auch nicht.
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Abteilung: Der schreckliche Iwan, Kaputtalismus, Man schreit deutsh, Qualitätsjournalismus |
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Montag, 28. Februar 2022 23:27
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Nun hat der schreckliche Iwan leider doch die Ukraine überfallen, obwohl ich ihm solche Niedertracht nicht zutraute, nicht zutrauen mochte. Meine Fassungslosigkeit über Putins strategische Idiotie, meine übel betrogene Hoffnung auf eine gewisse Ratio wenigstens im Kreml ist ein Krümel, verglichen mit dem Abscheu, den ich vor dem Verbrechen, das sich seit vier Tagen ereignet, empfinde. Denn ein Verbrechen ist jeder Angriffskrieg, egal wer ihn führt, und blanker Mord geschieht überall, wo die Granaten, Bomben, Raketen und Kugeln der Invasoren Opfer finden, seien es Zivilisten oder Soldaten.
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Abteilung: Der schreckliche Iwan, Kaputtalismus, Man schreit deutsh, Qualitätsjournalismus, The real pulse of Europe |
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Freitag, 18. Februar 2022 1:34
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Daß der Russ’ nicht in die Ukraine einmarschieren und den Dritten Weltkrieg riskieren wird, wußte ich schon, als der wertpapierorientierte Westen im Dezember sein großes Säbelrasseln begann. Ich weiß außerdem, daß die Nato selbst nicht glaubt, was sie aller Welt weismachen will. Also setzte ich mich hin und schrieb für meine KONKRET-Serie „Hofgespräche“ einen Sketch, in dem Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg einer gewissen Außenministerin die Grundlagen des Nordatlantikpakts erklärt (das Stück erschien im Januarheft):
Praktikantin. Die Nato ist kein Kriegsbündnis, sondern ein Wertebündnis.
Stoltenberg. Selbstverständlich. Und tief in den Wäldern wohnt der Troll und ärgert die Jäger.
Praktikantin. Ich will, daß die Nato wertebasiert und mit festen Prinzipien –
Stoltenberg. Ja, ja, ja, ich hab Ihre Akte gelesen, ich weiß, was Sie sagen wollen. Aber das ist alles Schnickschnack. Die Nato ist ein imperiales Machtinstrument, und bei uns zählt allein das Imperium. Wenn wir von Werten reden, könnten wir grad so gut vom Wetter reden oder von Wurzelsuppe. Wir erhalten die westliche Hegemonie und versuchen, sie immer weiter auszudehnen. Das ist alles.
Praktikantin. Ich hätte nicht gedacht, daß Sie so zynisch sind.
Stoltenberg. Und ich wette, daß Sie spätestens in einer Woche genauso sind.
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Sonntag, 30. Januar 2022 22:59
… and you ain’t in it.
George Carlin
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„Dieser Staub!“ (Grandville)
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Die Partei Die Linke ist, mit Frank Zappa zu scherzen, nicht tot, aber sie riecht ziemlich streng. Dieser ganz spezielle Duft aus heißer Soja-Latte-Luft, Neuköllnisch Wasser und dem Schweiß des Selbstgerechten verdankt sich vor allem den Ex-Vorsitzenden Bernd Riexinger und Katja Kipping. Sie taten was immer sie vermochten, um ihren Verein „regierungsfähig“ zu machen, das heißt, den herrschenden Scheißverhältnissen zu unterwerfen und dem Proletariat kalt lächelnd mitzuteilen, daß es als Stimmvieh gerade noch geduldet werde, als Klientel jedoch nichts zu erwarten habe.
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Abteilung: Kaputtalismus, SARS-CoV-2 |
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Donnerstag, 20. Januar 2022 18:49
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Als ich vom Ableben des Schauspielers Eberhard August Franz Ewald „Hardy“ Krüger hörte, fiel mir sofort ein, wie gern ich als Knabe damit prahlte, daß mein Onkel Kurt dem Star zum Verwechseln ähnlich sah.
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Abteilung: Moving Movies, Selbstbespiegelung, Zeuge der Geschichte |
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