Der schreckliche Iwan (9): Alice im Zunderland

Samstag, 25. Oktober 2014 16:52

Am 24. Oktober erklärte Alice Bota den Lesern von „Zeit online“, warum die vielen Nazis in und um Kiew halb so wild, nämlich „Patrioten“ sind und diese Lumpen, wenn ihnen doch mal der rechte Arm eregiert, sowieso auf Putins Konto gehen. Weil Dummheit und Ignoranz nie ohne stilistische Stümperei auskommen, beendet die Qualitätsjournalistin ihr Stück mit der widerlichsten Metapher, die in diesem Kontext denkbar ist:

Zeit_online_24-10-14

Brennt – wie die Menschen im Gewerkschaftshaus von Odessa und Tausende „Pro-Russen“ in der Ostukraine.

Alice Bota dürfte mit diesem Musterstück eines Dreckstextes zur Spitzenanwärterin für den Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis 2015 avancieren. Mit der Redlichkeit, Objektivität, Courage und Unbestechlichkeit der diesjährigen Preisträgerin Golineh Atai kann Bota es zweifellos aufnehmen. Jetzt muß sie bloß noch bei irgendeinem Staatssender anheuern. Aber mit diesem Empfehlungsschreiben sollte das gar kein Problem sein.

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Die Zukunft war gestern: Prolog, Phase 1

Freitag, 26. September 2014 1:07

Teaser_Zukunft_(c)_Kay_SokolowskyEin Licht in der Nacht
Alles fängt an mit der Mondlandung. Ich hatte nur noch drei Tage übrig bis zu meinem sechsten Geburtstag und bloß vier (freilich endlose) Wochen bis zur Einschulung. Weil mein Vater sich das welthistorische Ereignis nicht allein ansehen mochte, durfte ich, nachdem ich mich beim majestätischen Start der Saturn V eine knappe Woche zuvor als Bewunderer geoutet hatte, bis in die Morgenstunden bei ihm auf dem alten Sofa sitzen. Eine Nervosität, viel zu groß für einen winzigen Menschen wie mich, wühlte in mir. Ich befürchtete, einerseits, daß mein Vater, ein ausgesprochen launischer Mann, mir unvermittelt den Abmarsch ins Bett befehlen würde, und ich malte mir Verteidigungsstrategien aus, wohl wissend, daß sie gegen die brachialen Erziehungsmethoden meines Alten alle versagen würden.

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Der schreckliche Iwan (8): Veräppel mich!

Dienstag, 2. September 2014 23:35

Schmidt_Putin_Aepfel
Wissen Sie, wie Kriegssprech geht? Wenn nicht, dann gucken Sie mal auf der Website des Tagesspiegel vorbei.

Verweigert beispielsweise Rußland dem Obst aus der EU den Zugang, dann bedeutet dies beim Tagesspiegel: „Obst gegen Rußland“. So, genau so, mit diesem Unterstellungsvokabular beginnen die Weltkriege – und wir Deutsche hetzen wie immer vornweg.

Weil es, das Obst, die Menschheitsverbrechen, die Putin so gern begeht (wie zum Beispiel diese abscheulichen Medikamententransporte in die Ostukraine), nicht aushält, ohne zu verfaulen, gibt es bloß eine Rettung:

Schmidt_Putin_Aepfel_02
Und ich? Esse ab sofort nur noch Bananen. Die kommen nämlich bestimmt nicht aus Rußland.

Das ist meinen polnischen Verwandten aber völlig egal. Die sind nämlich – wenn die Presse nicht lügt, aber wie könnte sie – streuobstbombenmäßig eingenordet:

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Mümmeln für den Frieden! Im Akkord auch noch! Putin ist erledigt.

Screenshots: „Der Tagesspiegel“ 

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Das Juwel erfüllt einen Hartzenswunsch

Samstag, 23. August 2014 14:35

348Sandbild_im_Sera_Kloster_Ausschnitt_(c)RThieleDer Dalai Lama kommt an diesem Wochenende mal wieder nach Hamburg und erzählt drei Tage lang, was ihm so durch die kahle Rübe rumpelt. Vielleicht ist sogar ein Gedanke dabei.
Um sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, eine Veranstaltung allein jenen Fettrandbürgern zu bieten, die ihre Geldgier satt und nun einen gewissen Hunger nach Immateriellem haben (ohne deshalb auf den Cayenne-Zweitwagen und die Drittvilla auf Sylt verzichten zu wollen), bietet der Kundün, deutsch: „Das wunscherfüllende Juwel“, Schülern, Studenten und Hartz-IV-Almosenempfängern vergünstigte Tagestickets an.
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Sommerfrische (7): Heim vs. Heimat

Freitag, 15. August 2014 23:48

Nordbau_01_(C)_Kay_SokolowskyDie Verwüstungen, die aktuelle Architektur allerorten hinterläßt, fallen in den kleinen Städten schneller auf als in großen.
Wo nicht so viel zum Kaputtmachen da ist, können die CAD
Scheußlichkeiten das Weichbild der Gemeinde viel schneller und mit geradezu gemeinem Nachdruck prägen.
Ich bin ut min ol‘ Hamburch ja Kummer gewohnt … Aber daß ein ehemals schmuckes Städtchen wie Preetz sich der Selbstverhäßlichung in den vergangenen Jahrzehnten mit solchem Ehrgeiz und ohne jede Not hingegeben hat –: füllt mein altes Herz mit frischem Schmerz. (Den Eingeborenen mit Verstand – hallo, Sabine und Ted! – geht‘s seit Jahren ähnlich.) Also merkt der Sommerfrischler hell auf, wenn sich mal einer fürs ästhetische Desaster verantwortlich zeigt.
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Sommerfrische (6): Galstrige Schwienslüd

Samstag, 9. August 2014 23:59

oder:

PROBST EIERHAGENS WIEGENFEST

Ein Lust=Spiel aus der Holsteinischen Schweiz
à la mode de
Hanswursts Hochzeit
von J. W. Goethe,
lange verschollen, nun aber aufgefunden
in der Langen Brückstraße zu Preetz

***

ORT DER HANDLUNG

Preetz, woselbst nicht bloß Schuhe genagelt werden

***

Küster Spannkamp

Küster Spannkamp

PERSONEN *

PROBST EIERHAGEN,
ein Hagestolz,
obzwar Schwerenöter

JUNGFER HÜTTENHOLZ,
die Magd des Probstes,
ein üppiges Weib von
geringer Sitte,
Ehrwürdens größtes
Begehr
KÜSTER SPANNKAMP,
hat die Augen in
vielen Höhlen

FRAU GALLENBERG,
desselben zänkische Base

JUNGFER SPOLSAU, derselben gleichermaßen listige wie mannstolle Nichte
DINGHORST, ein Pfäfflein aus der nächsten Gemeinde, das den Talar trägt,
sintemalen keine Hose ihm passen mag

SCHWIENKUHL, desselben Kutscher, ein Kerl, welcher in allerlei feuchten
Gebieten herumgekommen

LEHMKUHLEN, Töpfergeselle auf der Walz, kundig in Schüsseleien für
Schissereien

SPECKENBERG, Metzgersbursche auf der Fahrt, gelahrt in kleinen, großen,
dünnen, dicken, weichen, harten, bleichen, schwarzen alswie vom
Safte sprützenden Würsten

FRAU FELDSCHEIDE, Zimmerwirtin jener Gesellen und seit 40 Jahren kein Kind
der Traurigkeit. Es mögen wohl auch 50 sein

DIE MAMSELLEN FINKBUSCH, KAHLBUSCH, DÜSTERNBUSCH, drei Damen
aus dem Adelsstifte zu Preetz. Dem Probst Eierhagen nah wie die Haut.
Berühmt für ihre Kundschaft im gelben, weißen und grünen Flusse

HENGSTKOPPEL UND BULLENKOPPEL, zween Junker von steifer Zucht
RAMMERSHÖRN, derselben Stallknecht und Zureiter
BOCKSBARG, ein Hirte, notorisch ob seines Stabs
SCHWEINEHORST, führt eine lästerliche Zunge, und zwar in Worten nicht allein
SACKWISCH, Stadtschreiber und Maler. Die Schnopernase ist ihm länger
gewachsen als der Pinsel

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* Sämtliche Figuren sind nach Lokalitäten der Region benannt.

***

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Sommerfrische (5): Eine Ahnung des Glücks

Donnerstag, 7. August 2014 1:32

Spinne_Bootshaus_Preetz_(c)_Kay_Sokolowsky
Wenn du irgendwo auf Reisen bist, ganz gleich wo, ob am schlimmen Ende der Welt, am unteren, am äußersten oder bloß ein paar dutzend Kilometer von den Randgebieten Deines Wohnorts entfernt … Wenn Du also irgendwo anders bist, zum Beispiel in Preetz, und plötzlich das Gefühl hast: „Ja, das geht auch – hier könnte ich friedlich verwelken“ – dann hast Du einen schönen Urlaub und vielleicht sogar einen Hauch von Utopie erwischt.

Außerdem kostet die Halbe Bier hier 50 Cent weniger als in Hamburch.

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Veg(an)etarier, merket auf!

Dienstag, 22. Juli 2014 0:09

So, das muß jetzt schnell gehen, denn im Keller war ein Wassereinbruch zu bekämpfen (wir haben knapp gewonnen), die Wohnung will einfach nicht abkühlen (das Bier auch nicht), und bald wird der Wecker (die Mistsau) schon wieder biebiebiepen.

Einen ordentlichen Alarm veranstaltete heute auch der Online-Tagesspiegel, und zwar mit der haarsträubendsten (haareststräubenden?) Horror-Headline dieses Sommers:

Rohkost_Hackfleisch_(c)_Tagesspiegel_21-07-14


Liest man das Interview unter der Erschlagzeile, wird rasch klar, daß sie der blanke Blödsinn ist; zweifellos der Skandal-, Hysterie- sowie Verdoofungsgeilheit unserer QualitätsjournalistInnen (in diesem Fall: Nantke Garrelts) geschuldet. – Aber, zugegeben, die Headline klingt gut!

Und schließt einen karmischen (womöglich kaukasischen?) Kreis mit dem (bislang) komischsten Roman des 21. Jahrhunderts, Heinz Strunks Fleisch ist mein Gemüse.

(Sollten Sie sich über die unverhältnismäßig vielen Klammern in diesem kurzen Text wundern … Neben allem anderen Ärger hab ich heute abend Wäsche abgehängt.)

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