Bored beyond belief (4): Mein Wappenbier

Dienstag, 3. Juli 2012 22:11

Weissu, geh‘ch nichsahnd mit Diäk un Mattina duäch Lünebuäch bein Hanseadntüddel an Samssach, unnessis voll da wie inne Keksdosä, un einglich sinn wiä schon auffen Weech ssun Bahnof, weissu, un plösslich seh‘ch da diess Schilt, unnich denk: Das gipps ja nich! Da mussich
doch hin!
Aso geh‘ch quä duächie Menschnmassn ssun Sstand un, hähä, dann sstand ich ässma. Ich happ natürch gekuck, oppa irngwo n Dachs sswischn Bedienunneng rumläuf, aba där waa wo‘ schon in Feiäahmd. Oda in Braukessel, man weisses nich, man ssteck nich drin – leidä, hähä. Happich diä einglich ma gesacht, dassich übä meine eingen Witsse am liepssen lach? Happich nich? Na, nu weissus. Dassiss aba nich, wei‘ch so eidel bin! Sonnän wei‘ch dann die Poännde immä kapia. Wo waan wiä? Genau. Weissu, wass miä bei so Vocksfessn immä auffen Zeigä geht? Du sstehs sstännich rum.

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Timmi und die Arkonigel (4)

Montag, 2. Juli 2012 14:22

Was bisher geschah.

Zum Glück war die Wunschfee noch nicht erwacht. Hätte sie mitgekriegt, was Timmi begehrte, und ihn auf den Mond gezaubert, es wäre dem Igel schlecht ergangen. Denn dort oben braucht man besondere Kleidung – einen sogenannten Raumanzug –, um atmen zu können und nicht zu erfrieren und um sich auf den spitzen Kratersteinen keine Schrammen in die Pfoten zu laufen. Diese Grundkenntnisse eines Weltraumreisenden fehlten Timmi noch. Major Rhodan und seine Mann-
schaft saßen ja in der „Stardust“-Rakete und fragten sich, was soeben mit ihnen passiert war. Hätte Timmi weiterblättern und von dem ersten Ausflug der Astronauten in die Mondwüsten lesen können, wäre er viel schlauer gewesen.

   Der Amselmann pfiff jetzt ein furchtbar kompliziertes Thema aus „Aaron und Moses“. Das war über die technische Meisterschaft hinaus um so erstaunlicher, weil der Vogel diese Oper von Arnold Schönberg gar nicht kannte. Timmi versagte dem Amselmann allerdings die Bewun-
derung. Er knurrte statt dessen ein schlimmes Wort, das ich nicht weitersagen darf, weil ich mir sonst Ärger mit euren Eltern einhandle. Timmi schmerzten die Öhrchen von den Zwölftönen, und weil es rasch heller wurde, immer mehr auch die Äuglein. Für einen Moment gab er dem grell gellenden Vogel in seiner Eiche die Schuld daran, daß die Sonne aufging. „Wie soll sie gemütlich liegenbleiben“, dachte der Igel, „wenn dieser Schreihals dermaßen rumkrakeelt?“ Dann merkte Timmi, daß er Quatsch zusammendachte, und kümmerte sich um die Dinge, die rasch getan werden mußten.

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Director’s Cut (3): Mein schönstes Endspiel

Sonntag, 1. Juli 2012 19:00

Die Serie „Director‘s Cut“ versammelt Texte von mir, die bereits vor Jahren, aber nie in ihrer ursprünglichen Form erschienen sind. Hier sind sie endlich so zu lesen, wie sie mal gedacht waren, bereichert um Szenen oder Exkurse, die einst an den Grenzen des Layouts scheiterten, beschnitten um Sätze und Formulierungen, die dem Autor heute eher peinlich sind. Für jede Neupublikation gibt es einen Grund – heute ist es das Endspiel um die Europameisterschaft 2012.

 

DER BESSRE GEWANN!
WM-FINALE 1986 – EINE EPOPÖE

  

ERSTER GESANG
Singe den Sieg, o Göttin, der
argentinischen Stiere,

Stimme uns ein mit Lauten der
Freude auf das Versagen,
Kläglich, verdient und allen
willkommen, die Schande der
deutschen
Truppgurken, wie sie sich zutrug
im Endspiel der Weltmeister-
schaft im
Jahre Acht-Sechs zu Mexiko-Stadt,
der sonnenerhitzten
Herrlichen Perle des Hochlands!
Und singe, o Göttin, vor allen
Lob dem begnadetsten Spieler, so
jemals gelebt und getreten
Und wie der Sturmwind getragen
den Ball übers Feld, ach, Diego,
Strammester, ach, aller Strammen, Gewitztester, ach, der Gewitzten,
Ach, Maradóna! Nicht wen‘ger denn drei teutonische Klötze
Band jenen Tages, es war Ende Juni, Dein magischer Fuß, Dein
Unwiderstehlicher Antritt, und ihre Namen verwehte,
Bliese hinweg der Wind der Geschichte, wären sie nicht durch
Dich für immer verewigt: Matthäus und Förster und Jakobs.

Wohl – ein Tor, Maradóna, war Dir nicht vergönnt in dem Glanz des
Estadio Aztéca vor einhundertzehntausend Menschen, frenetisch
Alles bejubelnd, was Du nur tatest, und wie erst ein Goal von
Dir, ach, Diego! Dumm aber, taub und wahrscheinlich auch blind sind
Jene, die meinen, Du habest rein gar nichts gerissen an diesem
Tage. Vergessen, verleumdet haben die dreisten Idioten
Dein berückendes Zuspiel, den tödlichen Paß auf, Moment, auf
J. Burruchága, acht Minuten vor Abpiff, der Schuß und
Drei-Zwei! Der Titel! Die Krone der Welt! Doch Einhalt, o Göttin,
Sprich Deiner Laute und meiner! Uns fehlet die Stimme des Mannes,
Welcher vom Klappstuhl, geklemmt zwischen Mikro und Ohrknopf,
erbebend
Aussprach die Schmach der germanischen Elf. Wir rufen Rolf Kramer.

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Man schreit deutsh (7): Der Partyotismus und der Patridiot

Freitag, 29. Juni 2012 16:11

Ulf Poschardt, Schirmherr des Borderline-Journalismus, Redaktions-
abwickler und Geschmacksbürger, neulich, am vormaligen Tag der deutschen Einheit (wann auch sonst?) in „Welt online“:

„Die Deutschen haben mit der Enttabuisierung der Nationalfarben und der Hymne weniger ein nationales Bedürfnis entwickelt, sondern ein internationales.“

   Wuppertal am 28. Juni 2012, kurz nach Abpfiff: 800 deutsche greifen einen Auto-Corso von italienischen Fans an. Die Polizei setzt Pfefferspray ein, Straßen müssen gesperrt werden. Ein Polizist und dreizehn Fans werden verletzt. Wenig später zeigen italienische Fans eine riesige Flagge, die ihnen aufgebrachte Deutsche entreißen wollen. Im gesamten Innen-
stadtbereich kommt es immer wieder zu Rangeleien und kleineren Schlägereien. Anhänger der Squadra azzurra werden mit Spaghetti beworfen, 27 Randalierer vorläufig festgenommen.

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Director’s Cut (2): Hommage an Ror Wolf

Freitag, 29. Juni 2012 12:25

Die Serie „Director‘s Cut“ versammelt Texte von mir, die bereits vor Jahren, aber nie in ihrer ursprünglichen Form erschienen sind. Hier sind sie endlich so zu lesen, wie sie mal gedacht waren, bereichert um Szenen oder Exkurse, die einst an den Grenzen des Layouts scheiterten, beschnitten um Sätze und Formulierungen, die dem Autor heute eher peinlich sind. Für jede Neupublikation gibt es einen Grund – heute ist es der 80. Geburtstag des bedeutendsten deutschsprachigen Dichters unserer Zeit.

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DANKE SCHÖN. VIEL ZU DANKEN

EINE TRAVESTIEN-COLLAGE
FÜR ROR WOLF

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LEBEN, LAUF

Ein Mann, wir nennen ihn Richard oder Roger, nein, Robert oder, Moment, wir nennen ihn Ror, nennen wir ihn also Ror: Ror Wolf also, wie wir diesen Mann nennen wollen, wird am 29. Juni 1932 geboren. Damit fängt alles an. Jedenfalls das, was nun folgt. Die bekannten Einwände Wobsers dürfen an diesem Punkt gern ignoriert werden. Sie sind auch an anderen Stellen ohne Belang. Bei unseren Lesern erzeugen sie nichts als Belustigung. Der Mann, von dem wir jetzt reden, wurde geboren, das ist kein Geheimnis, und es geschah am 29. Juni. Mehr muß man an dieser Stelle nicht sagen.

   Die Welt weiß viel über die Angelegenheiten des Mannes, von dem hier die Rede sein wird. Man muß die Welt nicht über ihn aufklären. Die Welt tut aber gut daran, sich auch weiterhin über seine Werke und Worte auf dem Laufenden zu halten. Wir verweisen auf Lemms erschöpfende Bemerkungen.

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Abteilung: Director's Cut, Litterarische Lustbarkeiten | Kommentare (0)

Man schreit deutsh (6): Brat und Spiele

Donnerstag, 28. Juni 2012 14:12

Noch ist nicht heraus, ob die deutsche oder die italienische Mannschaft das Halbfinale siegreich bewältigen wird. Sollte die Squadra azzurra heute abend wieder einmal für das Ende hiesiger Titelträume sorgen, kann das aber bestimmt nicht mit der Verpflegung an der Heimatfront zu tun haben. Denn Netto, der „Marken-Discount“, heißt in dieser Woche:

– also Nettfußball, und weiß daher, daß der echte Rums-rums-rumsdi-rumsrumsrums-„Sssieg!“-Siggi neben einer Kanne Bier auch was vom Benzol-Grill braucht, irgendwas, um in die Stimmung zu kommen, die er mir durch sein Gebrüll sofort vermiest, wenn ich in Ruhe die Spielkunst der Löw-Truppe goutieren möchte. In Mägen, die auch der Bruzzzler Einlaß gewähren, paßt praktisch alles, vermuten die Nettfußball-Marketingstrategen, und deshalb verordnen sie:

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Abteilung: Kaputtalismus, Man schreit deutsh | Kommentare (1)

Was Sie schon immer über Woody Allen wissen wollten …

Mittwoch, 27. Juni 2012 18:58

… oder lieber doch nicht: In „Woody Allen – A Documentary“ erzählt Robert B. Weide von Leben und Werk des Mannes, der schon lange nicht mehr auf den Namen Allan Stewart Konigsberg hört. Kay Sokolowsky hat sich den Film angesehen und seine Meinung im Juli-Heft von „Konkret“ hinterlassen.

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Timmi und die Arkonigel (3)

Dienstag, 26. Juni 2012 18:01

Was bisher geschah.

Die Neugier ließ Timmis Stacheln geradezu bibbern. Deshalb war er gar nicht beleidigt, als Konrad – dem gute Manieren, wie gesagt, abgingen – ein „Tschü“ pfiff, die Nagezähne in den Stinkekäse bohrte und mit seinem Festmahl davon-
tippelte. Timmi sagte, kaum höflicher: „Man sieht sich.“ Er sah dem Mäuserich aber nicht mal hinterher, und er hörte auch nicht das Schmatzen und die Laute des Behagens, die bald darauf aus der Matschecke bei der Regentonne ertönten.

   Timmi wollte nichts dringlicher, als mit der Lektüre zu beginnen. Nun fragt ihr euch sicherlich, wie Igel es fertigbringen, in der Dunkelheit zu lesen. Für euch ist das kein Problem: Ihr habt eine Nachttischleuchte und für ganz spät, wenn Mama einen Gutenachtkuß auf die Backe gedrückt und das Licht gelöscht hat, eine Taschenlampe. Aber so ein Igel besitzt ja nicht mal eine Steckdose! Dazu müßt ihr wissen, daß die kleinen Schnief-
nasen im dunkeln viel besser sehen können als wir. Das ist auch gut so, denn im hellen tun ihnen die Augen weh wie unsereins bei Neuschnee in der Antarktis. Und weil es für Igel keine Sonnenbrillen gibt, wachen sie am liebsten bei Nacht und schlafen am Tag.

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Abteilung: Erzählungen, Timmi und die Arkonigel | Kommentare (2)